Ein Jahr nach seiner vielbeachteten Festnahme erhebt Telegram-Gründer Pavel Durov schwere Vorwürfe gegen die französische Justiz. Die im August 2024 eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn hätten bislang keine Beweise für ein persönliches Fehlverhalten erbracht, wie Durov in einem aktuellen Telegram-Post erklärte.
Die Umstände seiner damaligen Verhaftung bezeichnete er als „beispiellos“ und das Verfahren selbst als rechtlich wie logisch nicht nachvollziehbar. Seiner Darstellung zufolge trifft ihn als Technologie-Unternehmer keine Verantwortung für mögliche illegale Inhalte, die von Nutzern auf der Plattform geteilt werden.
Trotz dieser Ausgangslage wird das Verfahren fortgeführt. Durov steht weiterhin unter richterlicher Aufsicht und muss sich alle 14 Tage persönlich in Frankreich melden. Ein Termin für eine Berufungsverhandlung steht bislang nicht fest.
Der Gründer der beliebten Messaging-App sieht durch das Vorgehen einen massiven Reputationsverlust für Frankreich als demokratisches und freies Land.
Politischer Druck oder legitime Strafverfolgung?
Die Ermittlungen gegen Durov lösten international breite Kritik aus. Vor allem aus der Krypto-Community, wo Telegram als wichtiges Informationstool, etwa für Presale Coins gilt, sowie von Datenschützern und Menschenrechtsorganisationen kam der Vorwurf, die französische Regierung wolle durch juristischen Druck eine stärkere Kontrolle über Telegram erzwingen.
Der Verdacht: Frankreich versuche, Durov zur Einführung von Zensurmaßnahmen zu bewegen, insbesondere mit Blick auf die Ende 2024 stattgefundenen rumänischen Wahlen, bei denen Telegram eine Rolle gespielt haben soll.
Präsident Emmanuel Macron wies die Vorwürfe politischer Einflussnahme entschieden zurück. In einem öffentlichen Beitrag betonte er, dass Meinungsfreiheit zwar geschützt werden müsse, jedoch nur innerhalb eines rechtlichen Rahmens. Kritiker wie Helius-CEO Mert Mumtaz sahen darin jedoch ein Ablenkungsmanöver und warfen Macron eine Doppelmoral vor.
Telegram als Schauplatz im Kampf gegen Cyberkriminalität
Frankreichs Vorwürfe gegen Durov basieren unter anderem auf der Behauptung, Telegram ermögliche durch seine Verschlüsselungstechnologie und zu lasche Moderation kriminelle Aktivitäten in großem Stil. Insbesondere der Handel mit Drogen, Geldwäsche und betrügerische Kryptodienste sollen auf der Plattform organisiert worden sein.
Die französische Justiz argumentiert, dass Telegram zu einem regelrechten Marktplatz für illegale Geschäfte geworden sei, mit mutmaßlichen Verbindungen zu Netzwerken in Südostasien und Osteuropa.
Analysen des Blockchain-Analyseunternehmens Elliptic zeigten etwa, dass über Telegram-Kanäle wie „Huione Guarantee“ Transaktionen in Höhe von bis zu 27 Milliarden US-Dollar abgewickelt worden sein sollen.
Telegram reagierte mit einer Säuberungsaktion, entfernte Tausende Kanäle, aktualisierte seine Nutzungsbedingungen und integrierte neue KI-Technologien zur Erkennung illegaler Inhalte. Außerdem wurde angekündigt, dass unter richterlicher Anordnung IP-Adressen und Telefonnummern von Verdächtigen an Behörden übermittelt werden können.
Datenschutz versus Strafverfolgung
Der Fall Durov hat eine Grundsatzdebatte über die Verantwortung digitaler Plattformen ausgelöst. Inwieweit können und sollen Technologieunternehmen für die Aktivitäten ihrer Nutzer haftbar gemacht werden?
Während Kritiker der französischen Vorgehensweise vor einem gefährlichen Präzedenzfall warnen, verweisen Befürworter auf die zunehmende Bedeutung verschlüsselter Kommunikation im Kontext von Cyberkriminalität und Terrorabwehr.
Durov selbst hat mehrfach betont, dass Telegram auch künftig keine sogenannten „Backdoors“ in seine Software integrieren werde. Er betont, dass die Plattform nie Inhalte privater Chats offengelegt habe und dies auch nicht tun werde, selbst wenn dies bedeute, Märkte aufzugeben oder persönliche Risiken in Kauf zu nehmen.
Unterstützt wird er dabei von prominenten Stimmen wie Edward Snowden oder Elon Musk, die seine Haltung als notwendigen Schutz der digitalen Privatsphäre in Zeiten wachsender Überwachung verteidigen.
Zuletzt aktualisiert am 26. August 2025
