Im Zusammenhang mit einem der größten Krypto-Kriminalfälle Europas sorgt eine neue Analyse für Aufsehen. Wie die Blockchain-Analysefirma Arkham Intelligence mitteilt, sollen deutsche Behörden rund 45.000 Bitcoin übersehen haben, die mutmaßlich noch immer im Besitz der Betreiber der Film-Piraterie-Plattform Movie2K sind. Diese zusätzlichen Coins wären zum aktuellen Kurs über 5 Milliarden US-Dollar wert und damit fast doppelt so viel wie der Betrag, den Sachsen im Sommer 2024 nach der Konfiszierung von knapp 50.000 BTC realisierte.
Die ursprüngliche Beschlagnahmung galt damals als historischer Erfolg. Doch Arkham weist nun darauf hin, dass sich eine weitere große Menge BTC auf rund 100 Wallets verteilt befindet, die mit bekannten Adressen und Bewegungen der Movie2K-Betreiber verknüpft sind. Diese seien nach wie vor aktiv und unter deren Kontrolle, so die Analysten. Offizielle Stellen hatten die zusätzlichen Wallets bislang weder benannt noch verwertet.
Aufarbeitung eines Milliardenversäumnisses
Der Movie2K-Fall begann bereits 2019 mit der Festnahme der Verantwortlichen. Die sächsischen Behörden erhielten Anfang 2024 nach langen Ermittlungen Zugang zu fast 50.000 Bitcoin, die freiwillig übergeben wurden.
Diese wurden wenige Monate später vollständig verkauft, im Durchschnitt zu einem Preis von 57.900 US-Dollar pro Coin. Der damalige Erlös lag bei rund 2,89 Milliarden US-Dollar. Rückblickend wäre eine längere Haltefrist wirtschaftlich lohnender gewesen, denn mittlerweile notiert der Bitcoin deutlich höher.
Viel gravierender scheint nun jedoch die Möglichkeit, dass die eigentliche Menge an verfolgbaren Coins deutlich größer war. Arkham betont, dass die noch vorhandenen 45.000 BTC durch nachvollziehbare Transaktionen klar einer Verbindung zur Movie2K-Infrastruktur zugeordnet werden können. Es gebe keinerlei Hinweise, dass deutsche Behörden auf diese Bestände Zugriff hatten oder überhaupt über ihre Existenz informiert waren.
Konsequenzen für Ermittlungen und Märkte
Die Enthüllungen werfen auch ein Schlaglicht auf die digitalen Forensikfähigkeiten der Strafverfolgungsbehörden. Während Bitcoin pseudonym ist, lassen sich Transaktionen auf der Blockchain vollständig nachvollziehen. Dass eine Analysefirma wie Arkham diese Bestände identifizieren kann, während offizielle Ermittler sie scheinbar übersehen, stellt deren Methodik infrage.
Zugleich sorgt die Nachricht für Unruhe in der Krypto-Community. Sollte es den Behörden gelingen, auch diese BTC zu konfiszieren, droht ein weiterer staatlicher Ausverkauf, ähnlich jenem im Sommer 2024. In sozialen Medien äußern sich Nutzer besorgt über den potenziellen Verkaufsdruck, der durch „staatliche Weak Hands“ auf den Markt ausgeübt werden könnte. Der Vergleich mit den USA liegt nahe. Dort verfolgt die Regierung unter Präsident Donald Trump eine gegenteilige Strategie und hält beschlagnahmte Bitcoin als strategische Reserve zurück .
Künftig mehr Zusammenarbeit mit Blockchain-Firmen?
Der Fall könnte zu einem Umdenken im Umgang mit digitalen Vermögenswerten führen. Analysten fordern schon länger eine intensivere Zusammenarbeit von Regierungen mit spezialisierten Blockchain-Intelligence-Firmen. In einem dezentralen, transparenten Netzwerk wie Bitcoin reicht juristische Autorität allein nicht aus, um Besitzansprüche durchzusetzen. Entscheidend sind technisches Know-how und die Fähigkeit, Wallet-Verknüpfungen sowie On-Chain-Muster präzise zu analysieren.
Ob Sachsen noch auf den Fund reagieren wird, bleibt offen. Dass jedoch bereits zum zweiten Mal Milliardenbeträge im Zusammenhang mit Movie2K ungenutzt geblieben sein könnten, dürfte politischen Druck auslösen, auch mit Blick auf den Umgang mit zukünftigen Krypto-Konfiszierungen.
