Deloitte-Umfrage: 99 % der CFOs in der Stichprobe erwarten, dass Kryptowährungen langfristig in ihrem Geschäft eingesetzt werden.

Tokenisierung revolutioniert das traditionelle Finanzwesen.

Autor: Juan Galt

Übersetzung: AididiaoJP, Foresight News

Die Tokenisierung des traditionellen Finanzwesens steht erneut im Fokus der Nachrichten. Führungskräfte börsennotierter US-Unternehmen diskutieren die Vorteile und Risiken der Integration von Kryptowährungen in ihre Geschäftsmodelle. Der Begriff „Tokenisierung“ bezieht sich auf die Bereitstellung traditioneller Finanzanlagen auf der Blockchain, wodurch Finanzwerte (einschließlich Währungen) digitalisiert werden, sodass die Finanzbranche von der Geschwindigkeit und Transparenz der Blockchain profitieren kann. Doch ist dies nur ein weiterer Krypto-Hype oder löst diese junge Branche tatsächlich ein grundlegendes Problem der traditionellen Finanzwelt?

Deloitte veröffentlichte im Juli eine Umfrage, in der die Auswirkungen der Tokenisierung auf 200 CFOs von Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 1.1billions US-Dollar untersucht wurden. Die Umfrage ergab, dass nahezu alle CFOs erwarten, „langfristig Kryptowährungen für Geschäftsprozesse zu nutzen“. Nur 1 % der Befragten gab an, sich dies nicht vorstellen zu können. 23 % der Befragten sagten, dass ihre Finanzabteilung „in den nächsten zwei Jahren Kryptowährungen für Investitionen oder Zahlungen nutzen wird“; bei CFOs von Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 10billions US-Dollar liegt dieser Anteil bei fast 40 %. Darüber hinaus gaben nur „2 % der Befragten an, dass sie mit wichtigen Stakeholdern noch nie über Kryptowährungen gesprochen haben“.

Ein leitender Angestellter von Deloitte erwähnte, dass es derzeit zwei Meinungen in der US-Finanzwelt gibt: „Die eine betrifft die Frage, ob Bitcoin in der Bilanz gehalten werden soll, die andere ist die breitere Anerkennung der Zukunft der Tokenisierung, die immer unvermeidlicher erscheint.“ Er fügte hinzu: „Der erste Schritt ist in der Regel Stablecoins – wie man sie einsetzt, ob man eigene Token ausgibt. Heute führen mehr Unternehmen diese strategischen Diskussionen, als Unternehmen, die sich verpflichten, Bitcoin in ihrer Bilanz zu halten.“

Insbesondere Stablecoins, die als Instrument sowohl im Inland als auch im Ausland den US-Interessen dienen können, haben das Interesse von Wall Street und Washington geweckt. Diese Umfrage bestätigt diesen Wachstumstrend: 15 % der CFOs erwarten, dass ihre Organisation in den nächsten zwei Jahren Stablecoins als Zahlungsmittel akzeptieren wird; bei Organisationen mit einem Umsatz von mindestens 10billions US-Dollar ist dieser Anteil „noch höher (24 %)“.

Auf die Frage nach den Vorteilen der „Akzeptanz von Kryptowährungen als Zahlungsmittel“ nannten die CFOs den verbesserten Datenschutz der Kunden als wertvollsten Vorteil und erkannten die erheblichen Schäden an, die die Datenerhebung für die Privatsphäre der Nutzer verursacht.

Die Finanzbranche verfolgt auch politische Entwicklungen, wie etwa das „Krypto-Projekt der US Securities and Exchange Commission“ und ähnliche Initiativen der US Commodity Futures Trading Commission, die die Marktstruktur neu gestalten. Erwähnt wurde auch der „CLARITY Act“, der „bereits vom Repräsentantenhaus verabschiedet wurde, derzeit im Senat geprüft wird und von den Regulierungsbehörden unterstützt wird. Das Gesetz definiert die notwendigen Strukturen“ und soll für kryptobezogene Unternehmen, einschließlich solcher im Bereich Tokenisierung, regulatorische Klarheit schaffen. Traditionelle Finanzunternehmen halten diesen Infrastrukturwandel für unvermeidlich. „Das wird wohl noch etwa ein Jahr dauern, und die Unternehmen überlegen bereits, was das für ihr Geschäft bedeutet.“

„Vor der COVID-19-Pandemie galt die Blockchain als tot, aber wir kommen gerade aus dieser Desillusionierung heraus. Die Leistung hat sich verbessert, das regulatorische Umfeld ist besser, Unternehmen sehen, dass ihre Mitbewerber das Thema diskutieren. Vorstandsmitglieder, oft selbst CEOs oder CFOs anderer Unternehmen, bringen diese strategischen Diskussionen in ihre Teams ein und verbreiten das Bewusstsein für die Unvermeidlichkeit und die notwendigen strategischen Entscheidungen.“

Die Bitcoin- und Kryptowährungsbranche verschmilzt mit dem traditionellen Finanzwesen, und die Auswirkungen sind tiefgreifender, als die meisten vermuten. Begriffe wie „Tokenisierung“ und „Real World Assets“ (RWA) werden häufig gemeinsam verwendet und fast als Synonyme betrachtet. Aber was bedeutet „Tokenisierung“ für Wall Street und die CFOs in den USA wirklich, und warum sind sie so daran interessiert?

Stablecoins und die Tokenisierung von Real World Assets sind nicht dazu da, Trends zu folgen, junge Kunden zu gewinnen oder in ausländische Märkte zu expandieren, sondern um die Finanzinfrastruktur zu modernisieren und neue Eigenschaften wie eine höhere Geldumlaufgeschwindigkeit und mehr Datenschutz für Nutzer zu bieten, während gleichzeitig die Transparenz und Echtzeitdaten des gesamten Marktes verbessert werden.

Satoshis Sicht auf die Probleme des traditionellen Finanzwesens

Die Neugier der CFOs auf die finanzielle „Tokenisierung“ ist möglicherweise ein Thema, das von Bitcoin-Nutzern unterschätzt und missverstanden wird. Tatsächlich versucht das traditionelle Finanzwesen mit der „Tokenisierung“ genau die Probleme zu lösen, die Satoshi Nakamoto in seinem ursprünglichen Bitcoin-Whitepaper – dem technischen Dokument, das Bitcoin und die moderne Kryptoindustrie begründete – identifizierte und zu lösen versuchte.

„Der Online-Handel ist fast vollständig auf Finanzinstitute als vertrauenswürdige Dritte angewiesen, um elektronische Zahlungen abzuwickeln. Obwohl dieses System für die meisten Transaktionen ausreichend effizient ist, leidet es immer noch unter den inhärenten Schwächen des vertrauensbasierten Modells“, schrieb Satoshi Ende 2008 in seinem bahnbrechenden Werk.

Dieser Satz trifft den Kern des Problems. Die Technologie, auf der das traditionelle Finanzwesen basiert, wurde vor der Erfindung des Internets konzipiert. Damals ergaben physische, hochvertrauenswürdige internationale Bankenkonsortien Sinn. Doch im digitalen Zeitalter können viele alte Geschäftsmodelle von Veränderungen profitieren.

Das Interesse der Wall Street an der Tokenisierung ist also mehr als nur ein Trend. „Es geht nicht darum, die junge Generation anzusprechen oder außerhalb der USA zu expandieren, sondern darum, mit der Tokenisierung die Blockchain zu nutzen, um heutige Geschäftsmodelle zu verändern, und es wird immer deutlicher, wie bestehende Infrastrukturen verbessert werden können.“

Die „Vorteile der Modernisierung der Finanzinfrastruktur sind enorm“. „Kurzfristige Auswirkungen sind eine erhöhte Geldumlaufgeschwindigkeit, schnellere Abwicklung von Transaktionen und globaler Kapitalfluss; sie befreien Kapital, das in ineffizienten Systemen gebunden ist.“

Die Blockchain hat bereits weltweit die Zeitpläne für Transaktionen verändert, da sie rund um die Uhr arbeitet – im Gegensatz zum traditionellen Finanzwesen.

Wenn Sie eine Bank sind, müssen Sie diese Zahlungskanäle im Grunde vorfinanzieren.

Angenommen, Sie erwarten, dass in einem bestimmten Kanal an einem Tag etwa 100 millions US-Dollar bewegt werden, dann müssen Sie zur Sicherheit 120 % dieser Summe bereitstellen. Im Laufe der Zeit liegen also 20 millions US-Dollar als totes Kapital dort, obwohl sie eigentlich nicht gebraucht werden. Es geht also nicht nur um Geschwindigkeit, sondern auch darum, Kapital freizusetzen, das sonst in veralteten Systemen gebunden wäre.“

Wenn man sich heute mit der Abwicklung von Transaktionen im traditionellen Finanzwesen beschäftigt, hat die US Securities and Exchange Commission seit langem einen Plan, den Zeitrahmen für die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen zu verkürzen.

„Heute arbeiten wir an T+1-Anweisungen, die einen Tag Verzögerung für die Abwicklung von Transaktionen vorsehen. Doch immer mehr – und tatsächlich mit dem Wechsel der Regierung im Weißen Haus – wird erkannt, dass wir, wenn wir T+0, also die Abwicklung am selben Tag, idealerweise innerhalb weniger Stunden oder sogar Minuten erreichen wollen, die Blockchain wirklich ernster nehmen müssen.“

In Bezug auf die Politik findet ein sehr koordiniertes Umdenken bei den Regulierungsbehörden, den Finanzintermediären, die solche Abwicklungen durchführen, und den verschiedenen Regierungsstellen statt, um die Funktionsweise der Finanzmärkte zu verändern und die Vorteile dieser neuen Technologie zu nutzen.“ Der Nutzen für die Gesamtwirtschaft wird erheblich sein, und in diesem neuen Paradigma „wird die Effizienz, mit der Unternehmen und Einzelpersonen ihre Mittel und Positionen verwalten – sei es in Aktien, Anleihen oder Immobilien – deutlich steigen.“ Dies wird es den Menschen ermöglichen, wichtige finanzielle Entscheidungen zu treffen, „ohne viele dieser veralteten Systeme, die Kosten verursachen und in manchen Fällen sogar Risiken erhöhen.“

Warum Satoshi Proof of Work gewählt hat

Es gibt ein zentrales Problem bei der Blockchain und Tokenisierung an der Wall Street: Die meisten Blockchains sind auf Konsensebene grundsätzlich unsicher. Um ein hohes Maß an Transaktionsgeschwindigkeit und Durchsatz zu erreichen, lagern viele Krypto-Projekte die CPU- und Speicherlast der Blockchain-Infrastruktur auf professionelle „Node-Betreiber“ aus, was die Infrastrukturkosten erheblich erhöht. Dies steht im Gegensatz zum gestuften Ansatz von Bitcoin, bei dem die erste Schicht klein und für jeden leicht zu replizieren bleibt, während schnelle Zahlungsabwicklungen über das Lightning Network erfolgen.

Um den langsamen und risikoreichen Aufbau einer Proof-of-Work-Mining-Community zu umgehen, starten viele Krypto-Projekte diese Netzwerke als Proof-of-Stake-Protokolle, bei denen Token-Inhaber mit ihrem Guthaben über Konsensentscheidungen abstimmen, anstatt zu minen. Diese Abstimmungen repräsentieren die Macht im Netzwerk, können entscheiden, welche Transaktionen in die Blockchain aufgenommen werden und sogar Transaktionen vollständig rückgängig machen. Das Ergebnis ist erneut ein vertrauensbasiertes System, das zwar effizienter und betrugssicherer als das traditionelle Finanzwesen sein mag, aber von Anfang an zentralisiert ist und dies auch bleiben könnte, was es anfällig für Klagen macht.

Satoshi verstand die zusätzlichen Kosten und systemischen Risiken vertrauensbasierter Abwicklungssysteme sehr gut, weshalb er Proof of Work als Konsensprotokoll für Bitcoin wählte. „Vollständig irreversible Transaktionen sind praktisch unmöglich, weil Finanzinstitute Streitigkeiten nicht vermeiden können. Die Kosten der Schlichtung erhöhen die Transaktionskosten und die Möglichkeit der Rückabwicklung, und der Bedarf an Vertrauen breitet sich aus“, schrieb er im ersten Absatz des Bitcoin-Whitepapers.

„Händler müssen ihren Kunden misstrauen und sie um mehr Informationen bitten, als eigentlich nötig wären. Ein gewisser Anteil an Betrug wird als unvermeidlich angesehen. Diese Kosten und die Unsicherheit von Zahlungen können durch den Einsatz von Bargeld bei persönlichen Transaktionen vermieden werden, aber es gibt keinen Mechanismus für Zahlungen über Kommunikationskanäle ohne vertrauenswürdige Partei“, fügte er hinzu.

Bitcoin hat dieses Problem gelöst.

Obwohl die Wall Street Bitcoin als überlegene Blockchain für ihre Tokenisierungs- und Abwicklungspläne wahrscheinlich ignorieren wird, werden sie, falls die Konsensschicht tatsächlich wichtig ist, durch Klagen und Streitigkeiten schmerzlich erkennen, dass Unveränderlichkeit Vorteile hat. Diejenigen, die jetzt schon auf Bitcoin aufbauen, könnten einen Vorteil haben.