THORWallet CEO über native Swaps und die Zukunft des Bankwesens in DeFi

Das nicht-verwahrende, hochriskante „Degen“-Narrativ durchläuft einen grundlegenden Wandel. Die Krypto-Landschaft wird durch Spot-ETFs, die wachsende Dominanz von Stablecoins, die Tokenisierung realer Vermögenswerte und sogar staatliche Bitcoin-Bestände durch Beschlagnahmungen und Reserven neu gestaltet. Wallet-Dienste stehen nun vor der Herausforderung, DeFi-First-Prinzipien mit der Notwendigkeit zu verbinden, traditionelle Finanzinfrastrukturen zu integrieren.

BeInCrypto traf sich mit Marcel Harmann, dem Gründungs-CEO von THORWallet, auf der Token2049 in Singapur, um über die Zukunft nicht-verwahrender Krypto-Wallet-Dienste zu sprechen. Als führende nicht-verwahrende Wallet, die native Cross-Chain-Swaps ermöglicht, war Harmann gespannt darauf, wie die Branche aktuelle und zukünftige Geschäftsmodelle bewertet.

THORWallet ist seit den Anfängen in diesem Bereich tätig. Was war Ihre ursprüngliche Vision und in welchen Schlüsselbereichen hat sich THORWallet in einem überfüllten Wallet-Markt als Pionier positioniert?

Von Anfang an war unsere Vision, Finanzdienstleistungen auf Basis von Blockchain- und DeFi-Technologie – offen, fair und transparent – den Menschen zugänglich zu machen. Wenn ich von Finanzdienstleistungen spreche, meine ich nicht-verwahrend: nicht nur halten und empfangen, sondern auch handeln, tauschen, Perpetuals und Sparfunktionen. Alle Finanzdienstleistungen, die ein Mensch benötigt, können jetzt mit DeFi bereitgestellt werden, und wir wollen dies zugänglich machen.

Uns ist sehr bewusst, dass es viele Wallets gibt, und wir haben versucht, einige Bereiche zu identifizieren, in denen wir Pionierarbeit leisten können. Wir waren die erste Wallet, die native Cross-Chain-Swaps von Bitcoin zu Ethereum im gesamten Bereich ermöglichte. Wir haben eine native Schweizer Bank in THORWallet integriert – das war eine Premiere. Wir bieten außerdem eine Multi-Signatur-Lösung an, die extrem sicher ist. Wir suchen uns immer Bereiche, in denen wir besser sein wollen als die Konkurrenz.

Sie erwähnten, die erste Wallet zu sein, die native Cross-Chain-Swaps zwischen Bitcoin und Ethereum ermöglicht. Können Sie erklären, was „native“ in diesem Zusammenhang bedeutet und wohin sich diese Technologie Ihrer Meinung nach entwickelt?

Unverpackte Token, native Token, sind das Entscheidende. Also Cross-Chain-Swaps mit unserer Vision, jeden Token aus jedem Ökosystem gegen jeden Token eines anderen Ökosystems tauschen zu können – im Grunde das, was eine zentrale Börse macht, nur vollständig auf DeFi-Infrastruktur. Wir haben dies bereits mit etwa 20.000 Token abgedeckt, aber es gibt noch viele weitere Token. Wir sind vielleicht noch zwei Jahre entfernt, maximal drei, bis man jeden Token vollständig auf DeFi-Basis gegen jeden anderen Token tauschen kann.

Wie Sie sagten, hat THORWallet einen interessanten Ansatz gewählt, indem eine Schweizer Bank direkt in die Wallet integriert wurde. Können Sie uns erklären, wie die Integration der Schweizer Bank für die Nutzer tatsächlich funktioniert? 

Wir haben mit einem Schweizer FinTech zusammengearbeitet. Das ist optional, aber natürlich KYC-pflichtig, da es sich um Fiat-Währungen handelt. Alles andere ist vollständig nicht-verwahrend, ohne Zwischenhändler, nur DeFi-Technologie. Nach Abschluss des KYC-Prozesses hat man einen sehr einfachen Weg, in Krypto ein- und auszusteigen und überall dort zu bezahlen, wo Mastercard akzeptiert wird. Wir unterstützen mehrere Währungen – es handelt sich tatsächlich um ein Schweizer Bankkonto mit Schweizer Franken, Dollar, Euro und chinesischem Yuan.

Wie sehen Sie die Beziehung zwischen traditionellem Bankwesen und Krypto? Werden Banken Krypto übernehmen oder wird sich Krypto zu einem banksystemähnlichen System entwickeln?

Die Banken übernehmen definitiv Krypto. In der Schweiz bieten alle großen Banken außer UBS bereits Krypto-Dienstleistungen an. Zuerst hassten sie es, dann bekämpften sie es, und jetzt sehen sie die Einnahmen. Sie müssen mitmachen, sonst fährt der Zug ab. Wir bauen DeFi parallel auf. Zentrale Banken nutzen zentrale Verwahrung, aber sie werden auch beginnen, Finanzdienstleistungen auf DeFi-Infrastruktur anzubieten. Sie werden sehen, dass beides zusammenarbeitet, und da DeFi die überlegene Technologie ist, wird es sich letztlich durchsetzen – ähnlich wie in der Autoindustrie, wo die Verbrennungsmotoren wahrscheinlich nach und nach verschwinden werden.

Über die Funktion einer Standard-Hot-Wallet hinaus haben Sie Multi-Signatur-Fähigkeiten über jede Blockchain hinweg entwickelt. Können Sie diesen hybriden Sicherheitsansatz erklären und warum er für Nutzer und Treasuries wichtig ist?

Wir sind eine Hot-, Seed-Wallet, das heißt, Sie haben Ihre Seed-Phrase. Aber wir wollen auch eine extrem sichere Version mit einer Multi-Signatur-Wallet anbieten, sodass Sie mit mehreren Geräten – zwei oder drei Geräten – mitunterzeichnen können. Das kann ein Laptop sein, ein zweites Handy, ein Freund oder Ihr DAO-Partner oder Treasury-Partner irgendwo auf der Welt, und sie können für jeden Token auf jeder Chain mitunterzeichnen. Die Technologie ist im Grunde chain-agnostisch, TSS-basiert. Sie ist also extrem sicher – Sie benötigen kein Hardware-Gerät mehr. Unser Treasury-Fonds zum Beispiel wird mit dieser Technologie verwaltet.

Gasgebühren, Nutzererfahrung und Netzwerkkongestion bleiben große Hürden für die breite Akzeptanz. Welche Lösungen entstehen und wie adressiert THORWallet diese Probleme?

Wir wollen ein FinTech-ähnliches Erlebnis bieten, bei dem der Nutzer nicht weiß oder spürt, dass Blockchain-Technologie im Hintergrund läuft. Überall entstehen Features wie universelle Gas-Tanks, bei denen Sie ein Konto aufladen, das für Gasgebühren über verschiedene Blockchains hinweg genutzt wird. Jede Wallet wird dies irgendwann übernehmen – wahrscheinlich wird es Abonnementdienste geben oder Wallets, die die Kosten selbst übernehmen, also die Gasgebühren für die Nutzer als Service zahlen. Wir müssen Blockchain-Technologie ins Backend verschieben.

Selbstverwahrung ist grundlegend für DeFi, steht aber zunehmend unter regulatorischer Beobachtung. Wie sehen Sie die Entwicklung dieses Bereichs und welche Jurisdiktionen machen es richtig?

Selbstverwahrung ist ein Grundpfeiler der DeFi-Blockchain. Sie wird von Regulierungsbehörden herausgefordert, wahrscheinlich getrieben von der traditionellen Konkurrenz, die sie nicht mag. Wenn sie jedoch korrekt und vollständig dezentral aufgebaut ist, können Blockchain-Technologie, DeFi-Technologie und Selbstverwahrung Peer-to-Peer ohne Zwischenhändler nicht gestoppt werden. Es ist wichtig, dies mit früheren Technologien zu vergleichen. In den frühen Tagen des Internets war es sehr umständlich, das Modem zu verbinden, das diese lustigen Geräusche machte, und dann war es langsam. Wenn jemand im Haus den Hörer abnahm, brach die Verbindung ab. Heute haben Sie überall 5G. Es ist sehr ähnlich zu DeFi – wir sind noch früh dran, aber das Wachstum ist schneller als damals beim Internet, was die Nutzerzahlen betrifft.

Der kluge Schritt für die Regulierungsbehörden ist es, mit der Technologie zu arbeiten, statt dagegen. Ich würde sagen, viele Länder erkennen das – zum Beispiel ist die Schweiz meiner Meinung nach sehr progressiv. Diejenigen, die sich jetzt als globales Zentrum positionieren, wie Hongkong, das sehr stark vorantreibt, Dubai, das sich sehr bemüht, und die Vereinigten Staaten, die ebenfalls stark vorangehen.

Viele Wallets starten oder beleben derzeit Token-Modelle – MetaMask, Trust Wallet, Rabby. Sie haben die Token-Ökonomie von THORWallet mit echten Nutzern getestet. Was haben Sie darüber gelernt, wie man echten Nutzen schafft und gleichzeitig den monetären Wert für die Nutzer steigert?

Wir haben die Token-Ökonomie vier Jahre lang mit echten Nutzern getestet. Der Schlüssel ist, ein Utility-Token zu bleiben und gleichzeitig den monetären Wert zu steigern. Wie managt man das rechtlich und technisch? Ich bin sehr gespannt, welchen tatsächlichen Nutzen sie bringen.

Von nativen Cross-Chain-Swaps bis hin zu Schweizer Bankintegrationen spiegelt der Ansatz von THORWallet einen wachsenden Trend in der Branche wider – die Neudefinition der Interaktion der Nutzer mit dezentralen und traditionellen Finanzsystemen.

Auf der Token2049 wurde eines deutlich: Die nächste Generation von Wallets wird nicht nur Krypto speichern – sie wird ganze Finanzwelten verbinden.